Jazz- Downtown Regensburg

von Bernhard Lindner

Zu verkopft, zu schwierig, zu wenig schön – damit wird diese Musikrichtung von den meisten von uns umschrieben. Andererseits wird Jazz mit „toller Atmosphäre und dem Dunklen, Bluesigen und Verruchten“ assoziiert. Jazz – ursprünglich entstanden aus Gospel, Blues und Ragtime – wäre an sich eine schöne Sache, wenn diese Musik nicht wäre ….

Cay Rademacher: „Jazz ist Amimusik, laut, fremd und provozierend.“

Oh Gott, dieser Jazz! Jazz entspricht eigentlich einer Lebenshaltung: sich auf Unbekanntes einlassen, ohne Vorurteile und Scheuklappen. Offen sein für Neues. Eintauchen in andere Gefilde unseres Hörens, unserer gewohnten Wege. Und deshalb ist es für uns Jazzer oft auch so aufregend, auf überraschende Töne, andere Ton-Kausalitäten zu treffen! Am Anfang vielleicht unverständlich, aber dann mit dem Eintauchen in diese Musik das große Erlebnis der Sinne!

Robert Previte: „Nichts ist mehr Heavy Metal als John Coltrane“

Für mich begann der Jazz mit Rock! Mit Jazz-Rock von Weather Report und John McLaughlin. Laut, schräg und funcky! Nach einem Klaus Doldinger’s Passport – Konzert Ende der 70iger Jahre – während meiner Zivildienst-Zeit – war’s dann geschehen! Ja das war’s, das war meine Musik! Jetzt auf nach Kneiting, zu Uli Teichmann’s Jazzclub! Und hier, in dieser wunderbar verruchten Kneipe gab’s dann die Avantgarde der deutschen Jazzszene zu hören, von Albert Mangelsdorff bis zu Peter Brötzmann.

Charlie Parker: „Jazz ist mehr als nur Musik, Jazz ist eine Lebenseinstellung.“

1982 war dann der Start des ersten „Bayerischen Jazzweekends“, initiiert vom „Jazz-Papst“ Richard Wiedamann. Als unermüdlicher Jazz-Lobbyist gründete er das Bayerische Jazzinstitut, beheimatet in Regensburg. Und das jährliche Jazzweekend mit über 200 Einzelveranstaltungen ist bis heute ein wichtiger Bestandteil der Festival-Szene in Regensburg. Nach beswingtem und oft kammermusikalischem Jazz am Haidplatz oder im Thon-Dittmer-Palais ließ man es dann im Leeren Beutel nachts nochmal richtig krachen!

Einen ganzen Anekdoten-Schatz haben Traudl und Winni Freisleben über ihre Anfänge des Jazz Mitte der 80er aus ihrer „Einhorn“-Kneipe parat. Von Steve Lazy über Alexander von Schlippenbach („bitte verschone unser neues Piano!“) und viele andere mehr gibt es schöne Geschichten!

Ja, und dann kam 1987 die Geburtsstunde des „Jazzclub Regensburg e.V.“ Angesiedelt im historischen Gemäuer des Kulturzentrums „Leerer Beutel“ (Bertoldstraße 9) hat hier der Jazz seitdem seine Heimat. Über 2.000 Konzerte fanden seit damals statt. Dazu gehören Auftritte von nationalen und internationalen Acts, von Stars, Legenden und Newcomern. Darunter finden sich so klangvolle Namen wie Michael Wollny, Rebecca Bakken, Till Brönner, Art Farmer, Cecil Taylor, Jan Garbarek und Ralf Towner.

Mittlerweile gehört der Jazzclub Regensburg, zu dessen Vorstand ich seit 2008 gehöre, mit seinen 800 Mitgliedern zu den großen deutschen Jazzclubs und Jazz-Veranstaltern.

Als größte Herausforderung empfand ich die Organisation des 1. Bayerischen Landes-Jazzfestivals 2016 in Regensburg mit den Top-acts Ron Carter und John Scofield. Damals kamen die Fans aus ganz Deutschland.

Und schließlich – was wäre die Regensburger Musikszene ohne seine local jazz-heroes wie Geff Eisenhauer, Steffi Denk, Helmuth Kagerer, Markus Fritsch, Andy Dombert, Yankee Meier, Bertl Wenzl, Paulo Morello und dem leider letztes Jahr verstorbenen Helmuth Nieberle!

Paul Simon: „Improvisation ist zu wertvoll, um sie dem Zufall zu überlassen.“

Für mich ist es immer noch eine Herausforderung, Leute für Jazz zu begeistern, denn Jazz ist ein Genre, das nicht so fertig, so glatt und aufgepumpt ist. Dabei gibt es eigentlich keine Berührungsängste zu anderen Stilrichtungen, sei es Klassik, Pop oder Blues. Und manch einer, auch bei unseren Konzerten im Jazzclub, fragt sich dann: „Ist das wirklich noch Jazz?“

Frank Zappa: “Jazz is not dead, it just smells funny.”

Auch für mich ist Jazz ist nicht tot, er lebt und pulsiert, auch wenn’s öfter ein wenig schräg und nicht so vollkommen daherkommt.

2 Kommentare

  1. Mich hast Du schon überzeugt. Ich bin Neu-Mitglied im Jazzclub und freue mich schon riesig, wenn es wieder los geht. Danke für den schönen Artikel und Dein Engagement nicht nur im Jazzclub

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